Dem Leben und Sterben verfolgter Jüdinnen und Juden in Koblenz nachspüren

Am Freitag, 16.09.22, verlief der ev. Religionsunterricht der Klassen 10b und 10e anders als sonst. Die Klasse verbrachte die Stunde nicht sitzend im Klassenraum, sondern entdeckte in Koblenz, wo Jüdinnen und Juden während des Zweiten Weltkriegs gewohnt haben und was mit ihnen passiert ist.

Seit einigen Jahren schon werden in Städten sogenannte „Stolpersteine“ verlegt. Goldfarbene Steine, auf den Namen, Geburtsdatum und Todesdatum von Menschen stehen, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur jüdischen Religion oder einer anderen Minderheit vom NS-Regime verfolgt, deportiert und oft getötet wurden. Zu jedem Stolperstein wurde ein Kurzreferat von den Schüler*innen vorgetragen, so dass die Gruppe vom Schicksal der einzelnen Menschen erfahren konnte. Dabei gab es ein Referat, das nicht auf einen Stolperstein, sondern auf ein Denkmal Bezug nahm. Hier wurde auch nicht über das Schicksal eines jüdischen Menschen berichtet, sondern über das Handeln eines heute sehr umstrittenen Mediziners. „Dass diesem Arzt hier ein Denkmal gesetzt wurde und dass dieses Denkmal heute immer noch stehen darf, ist absolut untragbar“, begann Ian seinen Vortrag. „Dieser Arzt des Krankenhauses hat Frauen und Männer gegen ihren Willen sterilisiert, also unfruchtbar gemacht und viele dieser Menschen sind bei der Operation gestorben! Und dann wird ihm nach dem Krieg dafür noch mit einem Denkmal gedankt!“ Die Wut über diesen Umgang mit einem Verbrecher der NS-Zeit war dem Schüler anzusehen. Tatsächlich wurde im Stadtrat kontrovers darüber diskutiert, wie man mit diesem Denkmal heute umgehen soll. Leider fand sich keine Mehrheit, die das Denkmal abbauen wollte. Stattdessen wird nun seit kurzer Zeit mit Hilfe einer Stele über das unrühmliche Handeln dieses Mannes informiert.

Der Weg fand am Reichensperger Platz sein Ende, wo die Gruppe Rosen am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus befestigte. Dieser besondere Unterricht wird den Jugendlichen wohl noch länger im Gedächtnis bleiben, konnte man doch das Schicksal einzelner Opfer des NS-Regimes an ihrem alten Wohnort nachverfolgen. (Fr. Mannebach)

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